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Fleckige Nudeln ohne Biss: Forscher nehmen Hartweizen-Gene unter die Lupe  [10.04.13]

Forscher der Universität Hohenheim wollen Weg ebnen für neue winterfeste Hartweizen-Sorten mit idealen Eigenschaften für die Nudelherstellung

Versorgungslücke: Fast alle Nudeln bestehen aus Hartweizengrieß. Aber kaum ein Landwirt baut das Getreide hierzulande an. Ein möglicher Grund: Erst seit kurzem haben ein österreichischer Züchter und die Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim winterfeste Sorten hervorgebracht. Wie sich die Frost-Toleranz auf die Qualität der Nudeln und auf die Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten auswirkt, untersuchen Forscher der Universität Hohenheim in Feldversuchen und Gen-Analysen im Labor. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt das Vorhaben mit knapp 265.000 Euro. Damit gehört es zu den Schwergewichten der Forschung an der Universität Hohenheim.

Nudeln aus Hartweizen-Grieß. Foto: Universität Hohenheim

Die allermeisten Nudeln, die in deutschen Supermärkten im Regal stehen, sind aus Hartweizen und kommen aus Südeuropa. Deutsche Teigwarenproduzenten verbrauchen ca. 400.000 Tonnen des Getreides pro Jahr. Doch hierzulande bauen Landwirte insgesamt nur auf etwa 20.000 Hektar Hartweizen an. Damit decken sie nur rund ein Drittel der Nachfrage ab. Den Rest müssen die Nudel-Hersteller aus Südeuropa und Kanada teuer importieren.

Der Grund für die Versorgungslücke: Hartweizen hatte in der Vergangenheit Probleme mit dem kalten deutschen Winter. „Inzwischen haben wir winterfesten Hartweizen gezüchtet“, berichtet Dr. Friedrich Longin von der Landessaatzuchtanstalt an der Universität Hohenheim.

 

Qualitätsmerkmale der winterfesten Sorten unklar

Doch Hartweizen muss viele Qualitätskriterien erfüllen, damit die Nudeln am Ende den Ansprüchen der Verbraucher genügen: „Dazu gehört vor allem die gold-gelbe Farbe, sagt Dr. Longin. „Die kommt nämlich meistens vom Hartweizen und weniger von den Eiern.“ Außerdem legten Hobby-Köche wert darauf, dass ihre Nudeln al dente sind, also Biss haben.

Bisher ist noch unklar, wie die neue Eigenschaft ‚Frosttoleranz’ die Qualität des Hartweizens beeinträchtigt. In der Vergangenheit ließen Tests keine eindeutigen Schlüsse zu. Einmal waren Nudeln aus winterfestem Hartweizen beanstandungslos. Ein anderes Mal fehlte ihnen der Biss und die gewünschte gold-gelbe Farbe. Stattdessen waren im Teig kleine schwarze Flecken zu sehen. „Die sind zwar völlig harmlos“, sagt Dr. Longin. „Aber sie machen aufmerksame Verbraucher misstrauisch.“

 

Stresstest für Hartweizen

Stresstest für Hartweizen: Ein Glaskasten auf dem Oberen Lindenhof (Schwäbische Alb) begünstigt Frostschäden. Foto: Universität Hohenheim

Stresstest für Hartweizen: Ein Glaskasten auf dem Oberen Lindenhof (Schwäbische Alb) begünstigt Frostschäden. Foto: Universität Hohenheim

Die Ursache dieser ungewünschten Eigenschaften sucht Dr. Longin auf Versuchsfeldern und in den Genen. Dazu unterzieht er 368 verschiedene Hartweizen-Sorten einem Stresstest auf der Schwäbischen Alb. Sie wachsen in einem länglichen, viereckigen Glaskasten auf der Versuchsstation Oberer Lindenhof. „Das Glas schützt vor Schnee, aber nicht vor Kälte. Eine Schneedecke, die unmittelbar auf den Pflanzen liegt wirkt isolierend und schützt den Hartweizen so vor strengem Frost“, erklärt Dr. Longin. „Wir wollen aber gerade, dass die Pflanzen unter Kältestress stehen.“

Doktorandin Alisa-Naomi Sieber kontrolliert, welche Pflanzen die Temperaturen von bis zu -20 Grad überstanden haben und welche nicht. „Es ist bekannt, dass eine bestimmte Gen-Region bei der Winterfestigkeit eine große Rolle spielt“, erklärt die Nachwuchswissenschaftlerin. „Aber dort sitzen bis zu 20 verschiedene Gene mit unbekannten Aufgaben.“

 

Boden-Viren und Pilze sorgen bisher für große Ernteausfälle

Bei den Feldversuchen steht außerdem ein weiteres Problem im Fokus: Jahr für Jahr entstehen Landwirten Ernteverluste durch die Pilzkrankheit Fusarium. Sie bildet ein Gift, das einen gewissen Grenzwert nicht überschreiten darf. Ist das der Fall, darf der verseuchte Hartweizen nicht in den Handel kommen. Die zweite Krankheit äußert sich in Zwergwüchsigkeit und wird von Viren verursacht. Sie kommen in manchen Regionen Europas im Boden vor. Im Frühjahr schlagen sie zu und hindern den Hartweizen am Wachsen. In betroffenen Gebieten kann daher Hartweizen nicht mehr gewinnbringend angebaut werden.

Dr. Longin sucht die Resistenz-Gene gegen die beiden Krankheiten. Deshalb infiziert er bei Feldversuchen auf dem Oberen Lindenhof, dem Heidfeldhof (Stuttgart) und in Nordfrankreich alle 368 verschiedenen Hartenweizen-Sorten gezielt mit den beiden Krankheiten und beobachtet dann, welche Sorten erkranken.

 

Erhofftes Ziel: Winterfester, robuster Hartweizen ohne Qualitätseinbußen

Hartweizen-Körner. Foto: Universität Hohenheim

Hartweizen-Körner. Foto: Universität Hohenheim

Mit einer Gen-Analyse bei allen 368 Sorten will Dr. Longin schließlich nachweisen, wie die Aufgaben unter den Genen verteilt sind: Welche Gene machen den Hartweizen winterfest? Welche machen ihn resistent gegen Krankheiten? Welche sorgen dafür, dass die Nudeln am Ende ihre gelbe Farbe und Biss haben?.„Für Züchter ist dieses Wissen unabdingbar“, sagt Dr. Longin, „denn nur wenn sie die Aufgabenverteilung unter den Genen kennen, können sie bei der Zuchtauswahl die richtige Entscheidung treffen.“

„Wenn dann bekannt ist, welche Gene zuständig sind“, sagt Dr. Longin, „ebnet dieses Wissen womöglich den Weg für neue winterfeste und robuste Hartweizensorten ohne Qualitätseinbußen für die Nudelherstellung. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es keine Gene gibt, die für beides gleichzeitig zuständig sind.“

 

Hintergrund: Forschungsprojekt

„Genomweite und Kandidatengen-basierte Assoziationskartierung zur Untersuchung der genetischen Architektur von Winterfestigkeit und Qualitätsmerkmalen im Hartweizen“ lautet der volle Titel des Forschungsprojekts von Dr. Longin. Es ist im November 2012 angelaufen und dauert drei Jahre. Die DFG unterstützt die Forschungsarbeit mit knapp 265.000 Euro. Projektpartner sind die Saatzucht Donau in Probstdorf bei Wien und die Südwestdeutsche Saatzucht GmbH & Co. KG in Rastatt.

 

Hintergrund: Schwergewichte der Forschung

Rund 27 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Wissenschaftler der Universität Hohenheim im vergangenen Jahr für Forschung und Lehre. In loser Folge präsentiert die Reihe „Schwergewichte der Forschung“ herausragende Forschungsprojekte mit einem Drittmittelvolumen von mindestens 250.000 Euro bei den Experimental- bzw. 125.000 Euro bei den Buchwissenschaften.

Text: Weik / Leonhardmair

Kontakt für Medien:

Dr. Friedrich Longin, Universität Hohenheim, Landessaatzuchtanstalt,
Tel.: 0711/459 23846, E-Mail: friedrich.longin@uni-hohenheim.de


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