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Strengere Regeln für Bio-Fleisch: Mit Soja- oder Ackerbohne 100 % Bio-Fütterung erreichen  [20.02.14]

Expertendiskussion auf der Wintertagung Ökologischer Landbau Baden-Württemberg: 26. Februar 2014, 9:00 bis 17:00 Uhr, Katharinasaal, Euroforum

Bisher galt bei der Bio-Fütterung von Schweinen und Geflügel die Regel: 95 % biologisch musste es sein. Meistens handelte es sich bei diesen letzten 5 % um Kartoffeleiweiß – oder Maiskleber, der die Tiere mit den benötigten Aminosäuren versorgte. Nun soll aufgrund der gesetzlichen Vorgaben aus Brüssel die Fütterung vollkommen auf Bio umgestellt werden. Wissenschaftler der Universität Hohenheim sowie vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) und Praktiker der Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau Baden-Württemberg e.V. diskutieren am Mittwoch, dem 26. Februar 2014, im Katharinasaal des Euroforums der Universität Hohenheim, Kirchnerstraße 3, auf der 7. Wintertagung Ökologischer Landbau Baden-Württemberg über die Methoden, Chancen und Perspektiven einer 100 % Bio-Fütterung.

100 % Bio-Fütterung für 100 % Bio-Fleisch: ab 2015 soll diese Regelung bundesweit für alle Bio-Landwirte gelten. Doch während die Fütterung von Rindern mit 100 % ökologisch erzeugten Komponenten keine Probleme darstellt, muss bei der Geflügel- oder Schweinezucht mehr darauf geachtet werden was gefüttert wird.

„Bei der Fütterung muss die Aminosäuren-Versorgung der Tiere immer sichergestellt werden“, so Dr. Sabine Zikeli, Leiterin der Koordinationsstelle für Ökologischen Landbau und Verbraucherschutz der Universität Hohenheim. „Diese Aminosäuren-Versorgung ist bei Geflügel und Schweinen mit einer 100 % Bio-Fütterung häufig schwieriger herzustellen.“

 

Weg von Kartoffel- und Maiskleber

Bisher habe man diese Versorgung mit dem leicht zu produzierenden und kostengünstigen Kartoffeleiweiß und Maiskleber aus konventioneller Herstellung sichergestellt, erklärt die Expertin weiter. Genau diese dürfen aber ab 2015 nicht mehr im Bio-Landbau verwendet werden, so das Ziel der Rechtsvorgaben in der Europäischen Union.

„Wenn das konventionell erzeugte Kartoffeleiweiß und der Maiskleber nun wegfallen, muss für die Bio-Landwirte eine Alternative geschaffen werden. Aber genau bei Schweinen und Geflügel treten hier Probleme auf: einmal geht es um die Verfügbarkeit der Futtermittel für eine 100 % ökologisch erzeugte Futterration. Und natürlich spielen auch die Kosten und der Aufwand, der beispielsweise bei der Ferkelaufzucht betrieben werden muss, eine tragende Rolle.“

 

Sojabohne als Alternative

Eine Alternative zu den Klebern stellt die Sojabohne dar, so Dr. Zikeli: „Soja hat eine sehr gute Aminosäuren-Zusammensetzung, ist also perfekt geeignet für die Schweine- oder Geflügelfütterung.“ Um sie dem Futter beizumischen, müssen die Bohnen in speziellen Anlagen „getoastet“ werden. Erst dann wird das Futter für die Tiere gut verträglich.

Viele Bio-Landwirte stehen der kleinen Bohne jedoch noch skeptisch gegenüber, berichtet Dr. Zikeli. „Im Moment kommt der Großteil der getoasteten Sojabohnen aus dem Ausland, da man sie in Deutschland nicht überall anbauen kann. Hier ist es in vielen Regionen für die heute verfügbaren Sorten einfach zu kalt.“ Zusätzlich vertreten viele Landwirte die Position: Wenn sie biologische Landwirtschaft betreiben, dann sollte auch Regionalität eine Rolle spielen. Sprich: Möglichst sollte kein Produkt aus dem Ausland importiert werden.

Nun suchen Experten nach einer Lösung für das Anbau-Problem. „Nach dreijährigen Forschungsarbeiten, die gezeigt haben, dass der Sojaanbau nicht nur in Süddeutschland, sondern auch in klimatisch günstigen Lagen Mittel- und Ostdeutschlands gelingen kann, gibt es aktuell von der Bundesregierung und den Landesregierungen Baden-Württembergs und Bayerns geförderte Projekte zur Übertragung der dabei gewonnen Erkenntnisse in die Praxis, um die Ausdehnung des Sojaanbaus an klimatisch geeigneten Standorten sowie die Aufbereitung der Bohnen für Hühner und Schweine zu fördern“, sagt Jürgen Recknagel vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg und Geschäftsführer des Deutschen Sojaförderrings. Im Augenblick ist der Anbauumfang noch zu gering, um flächendeckend eine Versorgung mit einheimischem Soja sicherzustellen, aber die Anbauflächen wachsen jedes Jahr im zweistelligen Bereich.

„Die Toastung ist derzeit ein sehr kostspieliges Verfahren“, so Dr. Christian Eichert, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau Baden-Württemberg. „Insbesondere die Förderung und Verbreitung dezentraler Toastungsanlagen - kombiniert mit einer Fortführung der bestehenden Bemühungen Baden-Württembergs zum heimischen Eiweißanbau - sehen wir eine wichtige Zukunftsaufgabe für Wissenschaft, Politik als auch den Sektor selbst“, so Dr. Eichert weiter.

 

Die Ackerbohne als heimische Alternative

Neben der Sojabohne gibt es aber auch altbekannte Eiweißpflanzen, die den Eiweißbedarf der Tiere decken können, wie zum Beispiel Ackerbohnen, Erbsen, Lupinen oder Luzerne. „Die Bio-Bauern haben oft mehr vertrauen in einheimische Pflanzen, deren Anbau sie bereits kennen. Außerdem sind sie natürlich kostengünstiger, weil man sie nicht zukaufen muss sondern selbst anbauen kann.“

Doch obwohl die einheimischen Eiweiß-Futtermittel eine kostengünstigere Alternative zur Sojabohne sind, müsse der Bio-Landwirt mehr Aufwand betreiben, um die erforderliche Aminosäurenversorgung sicherzustellen, sagt apl. Prof. Michael Grashorn, Universität Hohenheim. „Wenn man z.B. mit Ackerbohnen zufüttert, muss man sehr auf die Mischung aufpassen. Bei dem getoasteten Soja-Zusatz ist das einfacher, da dort das Aminosäurenverhältnis günstiger ist. Dies ist bei den einheimischen Eiweißpflanzen nicht der Fall. Neuere Untersuchungen im Rahmen eines BÖLN-Projektes zeigen die Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Leguminosen und Luzerne in der Geflügel- und Schweinfütterung auf.“

 

Methoden, Chancen und Perspektiven

Auf der 7. Wintertagung Ökologischer Landbau Baden-Württemberg werden Wissenschaftler und Experten der Universität Hohenheim, des Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) und der Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau Baden-Württemberg e.V. über die verschiedenen Alternativen zum konventionellen Kartoffeleiweiß oder Maiskleber diskutieren und informieren.

Vor- und Nachteile von verschiedenen Fütterungsstrategien werden dargelegt und anhand von Erfahrungsberichten von Bio-Landwirten vertieft. Interessierte Landwirte, Berater und Wissenschaftler sind zur kostenlosen Teilnahme herzlich eingeladen. Anmeldungen an die E-Mail: oelb@uni-hohenheim.de oder unter der Telefonnummer 0711/459-23248.

Text: C. Schmid / Leonhardmair

Kontakt für Medien:

Dr. Sabine Zikeli, Universität Hohenheim, Fachgebiet Koordination für ökologischen Landbau und Verbraucherschutz
Tel.: 0711/459-23248, E-Mail: zikeli@uni-hohenheim.de


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